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Verschwörung der Mächtigen – die braucht es gar nicht

Wenn einflussreiche Verleger, Politiker, Wirtschaftskapitäne und Regierungsmitglieder alljährlich zu einem Bilderberger-Treffen pilgern, läuten bei dem einen oder anderen die Alarmglocken. Gewiss, schon ein bisschen skeptisch stimmt die Tatsache, dass an solchen Zusammenkünften keine Journalisten zugegen sein dürfen, die der Welt über das Gemauschel bei Champagner und Kaviar berichten können. Und wo kein Licht der Aufklärung hingelangt, da gibt es stets Raum für düstere Szenarien und jedem brennt schnell die Frage auf der Zunge, was sich die VIP gegenseitig an Konspirativem in den Ohrschmalz hauchen.

Falsch ist wohl anzunehmen, dass an diesen Treffen ausgereifte Komplotte und Taktiken aus der Taufe gehoben würden, auch wenn sich wohl der eine oder andere Mächtige mit einem Gleichgesinnten trifft und Dinge in einem Hinterkämmerchen beschlossen werden, die weitreichende Konsequenzen haben. Aber die Verklumpung von Interessen geschieht viel subtiler. Und das ist wohl die schlimme Krux – nicht auf der Ebene von konkreten, ausformulierten Absprachen, die gar einem unerschrockenen Journalisten in die Hände gespielt werden könnten, sondern auf der Spürst-du-mich-fühl-ich-dich-Ebene.

Ich spüre dich – du fühlst mich: Dieses Prinzip beherrscht wohl das Spinnennetz der Mächtigen. Um jenen Lesern und Leserinnen mit weniger dunkler Ahnung auf die Sprünge zu helfen, erlaube ich es mir, dazu ein kurzes Szenario zu entwerfen. Die Hauptrollen darin: der oberste Boss eines Medienkonzerns und der oberste Chef eines Autokonzerns, beides Männer mit handfesten Interessen und hennenhafter Sorge, was ihr Unternehmen angeht. Schließlich haben sie beide einen Haufen zu finanzieren – Privatjets, einige Wohnungen (St. Moritz, Zug, Paris, München, London, New York), Villen (Antibes, Florida, Seychellen), Bentleys, Maybachs, Porsches, Ferraris, BMWs, Pferdeställe mit heißblütigen Arabern und … und … und

Dass sich die beiden Herren irgendwann im Leben treffen, ist nicht Zufall, sondern höchstwahrscheinlich. Denn Schwerreiche haben ihre Nester in wenigen auserlesenen Luxusresorts dieser Welt und stolpern sich wenn nicht schon im Januar, so spätestens im Februar über die feinen, sohlengenähten Schlangenlederlatschen.
Wir dürfen also davon ausgehen, dass sich der Medienmogul und der oberste Karossenbauer mehrmals treffen im Jahr, vielleicht an der Riviera im Frühsommer, bei einem Segeltörn auf den Seychellen im Herbst oder im Winter in St. Moritz an einer Silvestergala. Selbstverständlich versteht man sich auf Anhieb, man spürt sich, fühlt sich. Schliesslich hat man dieselben Nöte, muss die Bürde eines Lebensstils mit horrenden Fixkosten tragen und ist ständig auf der Suche nach sprudelnden Einnahmequellen.

Und nun, was geschieht wohl, wenn der Autobauer die Eigenkapitalrendite von fünf auf acht Prozent steigern will und dazu fünftausend Familenväter auf die Strasse stellt? Erbostes Echo in der Presse? Parteinahme für die Arbeitslosen?
Vielleicht. Wahrscheinlich ist das aber nicht. Nicht, dass der Vorfall totgeschwiegen würde, nein, wo kämen wir denn hin in einer westlichen Welt mit einer engagierten, unabhängigen Presse. Die Massenentlassung wird selbstverständlich erwähnt. Und zwar mit dem hehren Hinweis, dass sie eine weitsichtige Maßnahme von verantwortungsvollen Führungskräften sei, denen nichts anderes so am Herzen liege wie das Überleben des Konzerns und die Sicherung der Arbeitsplätze.
Dafür wird der Zeitungsboss belohnt: mit Werbekampagnen, welche die Kassen füllen und die ihm so ans Herz gewachsenen wichtigen Einahmequellen munter sprudeln lassen.
Und viel muss er dafür nicht tun, ja, er bequemt sich gar nicht erst in die zuständigen Redaktionen. Denn auch in einem Medienkonzern gilt natürlich das Spürst-du-mich-fühlst-du-mich-Prinzip. Schließlich sind alle, vom Chefredaktor bis hin zur Putze feinfühlige Leute. Und solche merken mit verbundenen Augen, wie der oberste Boss tickt. Es genügt, wenn der Medienmogul einmal während eines Firmenanlasses oder in einem Interview in der internen PR-Zeitung durchblicken lässt, wie wichtig ihm die Beziehung zum obersten Sesseldrücker des Automobilkonzerns ist. Dann weiß es jeder. Vom Gratispraktikanten hin zum Chefredaktor. Und vielleicht mag sich der eine oder andere gar an einen besonders bedeutungsschwangeren Satz des Big Bosses erinnern: „Mit dem habe ich eine Woche auf den Seychellen bei einem Segeltörn verbracht!“

Nicht nur der Chefredaktor ist fortan besorgt, dass man mit äusserst weicher Feder über den Autobauer und seine Geschäfte schreibt. Man spürt in den Redaktionen, was der oberste Boss will, man fühlt ihn besser als dessen Ehefrau. Und das ist existenziell, viel existenzieller als jede Kenntnis der Grammatik oder journalistische Recherchetechnik. Schließlich hat man ein Häuschen auf Kredit gekauft, muss drei Kinder durch die Schule und Universität schleusen, muss das Leasing eines teuren Chlapfs berappen, hat einen Mops mit Zahnschmerzen und … und … und …

Wenn es letztlich um die Vergabe des Themas geht, also um die heikle Frage, wer denn über die Massenentlassung schreibt, spürt der Chefredaktor, wem er eine Freude machen kann – er lädt den ambitioniertesten Praktikanten in sein Büro und liest diesem einen Wunsch von der Stirn ab – den Wunsch, endlich einen ersten Artikel auf Seite drei zu platzieren. Dem jungen Mann kullern fast die Augen über vor Freude und er wittert gar eine Festanstellung nach seinem zweijährigen Gratispraktikum. Er wird sein Bestes geben. Er wird so schreiben, dass der Chefredaktor Engelsgesang in den Ohren hat. Er spürt, er fühlt ihn mit allen seinen unausgesprochenen Wünschen. Da ist die Schlussbemerkung, die zwischen Tür und Angel fällt, fast nicht mehr nötig: „Ach ja, der Herr Autobauer ist ein guter Rotarierfreund unsers Zeitungschefs! Sie machen den beiden sicher eine Freude!“

Kurz und weniger gut: Mächtige müssen sich nicht verschwören, um ihre egoistischen Interessen auf Kosten der Gesellschaft durchzusetzen, dazu genügt allein, dass sie sich näherkommen, einander spüren und fühlen. Vielleicht könnte man dies das Axiom der egoistischen Verklumpung nennen, das Spürst-du-mich-fühlst-du-mich-Prinzip eben, es ist wohl ein sehr menschliches Prinzip, das an den Finanzmächtigen klebt wie Fliegen an frischen Rossbollen und dem so wenig beizukommen ist wie einem lästigen Brummerschwarm in Aktion.

Urs Bigler

Was Herrscher westlicher Demokraturen brauchen: die Medien

Das A und O hegemonialer Politik ist die Beherrschung der Medienlandschaft. Das hat auch schon Sir Moses Montefiori erkannt. In seinem Historisch genealogischen Tagebuch von 1912 schreibt er: „Was faselt Ihr? Solange wir nicht die Presse der ganzen Welt in Händen haben, ist alles, was Ihr tut, vergeblich; wir müssen die Zeitungen der Welt beeinflussen, um die Völker zu täuschen und betäuben“.

Er würde wohl Freudesprünge über die Zustände der amerikanischen Presselandschaft des ausgehenden 20. Jh. machen. Auf der Website der Bundeszentrale für politische Bildung (http://www.bpb.de/internationales/amerika/usa/10707/medien-in-den-usa) ist zu lesen:

„Die Vielzahl der Medien könnte zumindest eine Vielfalt an Informationen nahelegen. Doch weit gefehlt. Die in den USA gern befolgten Gesetze der Marktwirtschaft haben seit den 1980er Jahren für eine enorme Deregulierung der Eigentumsverhältnisse an Medienunternehmen gesorgt. Während 1983 noch 50 Unternehmen sich die überwiegende Anzahl der Medienbetriebe teilten, hatte sich diese Anzahl bis 1992 auf zwei Dutzend verringert. Fünfzehn Jahre später sind es gerade einmal fünf Konglomerate, die über 90% des Marktes kontrollieren: Time Warner, Disney, Murdoch´s News Corporation, General Electric/NBC und CBS Corp. (zuvor Viacom). Etliche Kritiker sehen in dieser hochkonzentrierten Medienlandschaft eine Gefahr für die Demokratie. Themen und Argumente, die den Interessen großer Konglomerate zuwider laufen, finden immer weniger Beachtung in den von ihnen kontrollierten Medien.“

Aber auch über die Entwicklung in Europa wäre er hocherfreut. Dazu ein Beitrag (von der 37sten Minute an) aus der Satiresendung „Die Anstalt“:

Wie sensibel die Mächtigen reagieren, zeigt das juristische Nachspiel zu dieser Sendung:
http://www.abendblatt.de/kultur-live/article130688057/Zeit-Journalisten-ziehen-gegen-Kabarett-Beitrag-vor-Gericht.html

Urs Bigler